„Ich war noch nie so fertig – aber auch noch nie so glücklich."
- Redaktion
- 11. Juni
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 12. Juni
Ein ehrliches Gespräch mit Evelyn Weigert über Mutterschaft, mentale Gesundheit und warum es manchmal eine Salatschüssel voller Schokopops braucht.

Mit ihrer direkten Art trifft Evelyn Weigert oft genau den Nerv – auch, wenn es ums Thema Muttersein geht. In ihrem neuen Buch „Peace, Moms“ erzählt sie liebevoll, ehrlich und ohne Scham davon, wie überfordernd, körperlich fordernd und emotional herausfordernd das Leben mit kleinen Kindern sein kann – und warum genau darin auch eine ungeheure Schönheit steckt. Im Gespräch mit GLOW spricht sie über das erste Babyjahr, Körperbilder in der Schwangerschaft, Partnerschaft – und das Glück, gemeinsam zu wachsen.
Du hast zwei kleine Kinder – wie alt sind sie gerade?
Mein Sohn ist fünf, meine Tochter ist dreieinhalb. Und ich sag dir: Es ist jetzt schon so viel einfacher. Sobald die im Kindergarten sind, wird’s echt entspannter.
Was war für dich die anstrengendste Phase bisher – und wie hast du die beiden ersten Jahre erlebt?
Ich finde die Babyzeit am krassesten – und bei mir kam alles auf einmal. Ich war schon wieder schwanger, als meinSohn gerade ein Jahr alt war. Das war einfach heftig. Ich glaube, ich habe vieles verdrängt oder vermischt, weil alles gleichzeitig passiert ist. Dabei war das erste Jahr mit einem Kind eigentlich total schön – und ich habe es einfach genossen.
Wie ging es dir körperlich in den Schwangerschaften?
Ich war jedes Mal eine komplette Tonne! Ich habe echt gegessen wie ein Scheunendrescher. Bei beiden Kindern! Ich hatte so Lust auf alles – von Erdbeeren bis Pizza. Mein Untergang waren dann irgendwann die Schokopops, die ich mir in einer Salatschüssel angerichtet hab. (lacht)
In deinem Buch „Peace, Moms“ sprichst du offen über diese Erfahrungen. Warum war dir das wichtig?
Weil ich das Gefühl habe, wir leben zwar in einer Blase, in der vieles offen besprochen wird – aber es immer noch selten ist, dass Mütter wirklich ehrlich zu ihren Schwächen stehen. Es kostet Kraft, Mutter zu sein, und es gibt so viele Gefühle, die in der öffentlichen Erzählung keinen Platz haben. Ich wollte das aufschreiben, damit andere wissen: Du bist nicht allein. Es ist okay, wenn du nicht ständig strahlend im Wochenbett liegst. Ich will, dass jede Mutter sich in meinem Buch abgeholt fühlt – als wäre es eine ehrliche Umarmung.
Mutterschaft ist per se vielschichtig. Es hängt aus deiner Sicht nicht nur am Kind, sondern so vielen Faktorenab?
Total! Die Beziehung zum Partner, die eigene Gesundheit, finanzielle Absicherung, familiäre Hilfe. Das alles spielt mit rein. Und dann verändert sich auch noch dein Körper, deine Identität. Trotzdem gibt es da draußen immer noch dieses Bild der glücklichen Mama im weißen Bett mit blühenden Rosen. Das ist halt nicht die ganze Wahrheit.
Und danach wird erwartet, dass man wieder ganz normal arbeitet.
Ja, genau das! Als würde sich alles von selbst regeln. Wir dachten, wir machen einfach so weiter wie vorher, nur mit zwei kleinen Kindern. Turns out: Funktioniert nicht. Es hat zwei Jahre gebraucht, bis wir wirklich gut organisiert waren, als Paar und als Familie. Jetzt klappt es gut, weil wir fair sind, offen kommunizieren und uns wirklich gegenseitig unterstützen.
„Es muss nicht perfekt sein, nur ehrlich und fair.”
Du bist beruflich aktuell richtig umtriebig – egal ob mit Podcast, im TV oder dank deines Buchs. Wie hältst du das durch?
Ich liebe, was ich tue. Aber ohne unsere gute Absprache zu Hause würde das alles nicht funktionieren. Manchmal reicht es schon, wenn einer dem anderen einfach was ermöglicht. Es muss nicht perfekt sein, nur ehrlich und fair.
Angesichts dieses Realismus: Was bedeutet dir Mutterschaft heute?
Ich war noch nie so glücklich wie jetzt. Noch nie so fertig wie jetzt. Aber eben auch noch nie so erfüllt. Und ich bin so dankbar, dass ich das erleben darf.
Was würdest du anderen Müttern – oder auch Nicht-Müttern – mitgeben, die sich persönlich nur noch als funktionierend erleben?
Also erstmal: Bleibt bei euch. Bleibt bei eurem Bauchgefühl, euren Bedürfnissen. Egal, ob mit oder ohne Kinder. Wenn du weißt, was du willst, dann bleib dabei. Das ist das Coolste, was du machen kannst. Und dann: Selbstfürsorge! Ich habe das am Anfang überhaupt nicht verstanden, dass ich mich auch um mich kümmern muss. Ich sehe das mittlerweile wie ein Beet: Mein Mann und ich, wir sind die Erde. Wenn wir austrocknen, können die Blumen – also unsere Kinder – auch nicht wachsen. Wenn es dir nicht gut geht, geht’s deiner Familie auch nicht gut. Punkt.

Interview: Eva-Maria Rueter
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